Die Ich-Form und Personalpronomen in Abschlussarbeiten
In vielen Universitätsrichtlinien wird von der Verwendung der Ich-Form abgeraten. In einigen Fachbereichen ist es jedoch üblich, die Ich-Form in wissenschaftlichen Texten zu verwenden.
Ein grundsätzliches Verbot der Ich-Form in wissenschaftlichen Arbeiten gibt es nicht, doch in einigen Fachbereichen wird auf das Vermeiden der ersten Person Singular bestanden. Informiere dich daher vor dem Verfassen deiner Arbeit darüber, ob die Ich-Form gemäß den Richtlinien deines Fachbereichs vermieden werden sollte oder sogar gewünscht ist.
Formulierungen mit ‚wir‘ oder ‚man‘ sollten möglichst vermieden werden. Zudem sollten Lesende nicht direkt mit ‚Sie‘ angesprochen werden.
Übersicht der Regeln zu Personalpronomen
Kategorie | Empfohlen | Nicht empfohlen |
---|---|---|
Ich-Form | Es kann festgehalten werden, dass die Annahme nicht zutrifft. | Ich halte fest, dass die Annahme nicht zutrifft. |
Wir-Form | Der sorglose Umgang mit den Ressourcen sollte überdacht werden. | Unser sorgloser Umgang mit den Ressourcen sollte überdacht werden. |
‚man‘ | Es zeigt sich, dass dieses Experiment nicht zielführend war. | Man kann sehen, dass dieses Experiment nicht zielführend war. |
‚Sie‘ | Die Auflistung der verwendeten Objekte ist im Anhang zu finden. | Die Auflistung der verwendeten Objekte finden Sie im Anhang. |
Verwendung und Vermeidung der Ich-Form
Wenn du in deiner Arbeit die Verwendung der Ich-Form vermeiden sollst, kannst du dies mithilfe von Passivkonstruktionen tun.
Auch wenn in einigen Richtlinien von der Verwendung der Ich-Form abgeraten wird, halten die meisten Dozierenden die Verwendung in bestimmten Fällen dennoch für angebracht.
Wenn du dir nicht sicher bist, ob du die Ich-Form verwenden darfst oder sollst, frage deine Betreuungsperson und orientiere dich am Standard in der Literatur deines Fachs.
Verschiedene Universitätsrichtlinien widersprechen sich in dem Punkt, ob die Ich-Form in wissenschaftlichen Arbeiten erlaubt wird. Schau deswegen unbedingt in den für dich geltenden Richtlinien nach, wie du deine Arbeit formulieren solltest.
Die Ich-Form bei subjektiven Wertungen
Die Ich-Form wird meistens dazu verwendet, persönliche Meinungen oder Erfahrungen zu äußern.
Zu den wichtigsten Eigenschaften eines wissenschaftlichen Textes gehören jedoch Objektivität und eine neutrale Haltung. Der Forschungsgegenstand soll im Vordergrund stehen, nicht die forschende Person. Diese Haltung ist jedoch umstritten und wird nicht von allen Dozierenden gleichermaßen vertreten.
Verwendest du die Ich-Form in einer wissenschaftlichen Arbeit, kann daher der Eindruck aufkommen, dass du nicht die nötige Distanz zu dem von dir untersuchten Thema aufbringen kannst.
Im obigen Beispiel wird mithilfe der Ich-Form subjektiv gewertet, was du in einem wissenschaftlichen Text stets vermeiden solltest.
Mögliche wissenschaftliche Nutzung der Ich-Form
Auch wenn in einigen Universitätsrichtlinien die Nutzung der Ich-Form nicht empfohlen wird, gibt es Situationen, in denen Lehrende sie i. d. R. trotzdem akzeptieren.
In folgenden Fällen kann die Ich-Form in wissenschaftlichen Arbeiten genutzt werden:
- bei der Beschreibung deiner Textstruktur und Schreibhandlung,
- bei der Auseinandersetzung mit Schlussfolgerungen, Einordnungen oder Erkenntnissen und
- in einem Vorwort oder einer Danksagung.
1. Bei einer Beschreibung kannst du, beispielsweise mithilfe einer Passivkonstruktion, auf die Ich-Form verzichten.
2. Manche Dozierende halten die Ich-Form bei der Einordnung von Forschungsergebnissen oder der Reflexion von Erkenntnissen für möglich.
Eine Umformulierung zur Vermeidung der Ich-Form ist ohne Weiteres möglich.
3. Ein Vorwort oder eine Danksagung wird aus einer persönlichen Perspektive geschrieben. Die Verwendung der Ich-Form ist also angebracht und erwünscht. Dennoch sollte darauf geachtet werden, nicht in einen umgangssprachlichen Ton zu verfallen.
Formulierungen zur Vermeidung der Ich-Form
Wie du den obenstehenden Beispielen entnehmen kannst, können Ich-Formulierungen auf verschiedene Weise umgangen werden.
Die Ich-Form kannst du z. B. vermeiden durch
- Passivkonstruktionen,
- Nominalisierungen,
- Formulierungen mit ‚lassen‘ und ‚sich‘,
- Formulierungen mit ‚sein‘ und ‚zu‘ und
- die Bezeichnung der schreibenden Person als ‚Verfasser/in‘ oder Ähnliches.
Beispiele zur Vermeidung der Ich-Form
Korrekt | Falsch | |
---|---|---|
Passivkonstruktion | Die Studie wurde abgebrochen. | Ich habe die Studie abgebrochen. |
Nominalisierung | Im weiteren Verlauf findet dieser Aspekt keine Berücksichtigung. | Im weiteren Verlauf berücksichtige ich dieses Element nicht. |
Formulierung mit ‚lassen‘ und ‚sich‘ | Hierzu lässt sich keine Aussage treffen. | Hierzu kann ich keine Aussage treffen. |
Formulierung mit ‚sein‘ und ‚zu‘ | Im Aufsatz von Meier (2008) ist diese Bestätigung zu finden. | Ich habe im Aufsatz von Meier (2008) diese Bestätigung gefunden. |
Verfasser/in | Der Pretest wurde mit fünf dem Verfasser bekannten Personen durchgeführt. | Der Pretest wurde mit fünf mir bekannten Personen durchgeführt. |
Auf die Wir-Form verzichten
Ebenso wie die Ich-Form sollte ein persönlicher Bezug durch ‚wir‘ oder ‚unser‘ vermieden werden. Das Verwenden der Wir-Form kann dazu führen, dass ein Satz subjektiv oder verallgemeinernd klingt.
Um die Wir-Form zu umgehen, kannst du auch auf die oben aufgeführten Formulierungsvorschläge zur Vermeidung der Ich-Form zurückgreifen.
Weitere Beispiele zur Vermeidung der Wir-Form
Korrekt | Falsch |
---|---|
Die globale Erwärmung wird vorrangig durch den Menschen verursacht. | Die globale Erwärmung wird vorrangig durch uns Menschen verursacht. |
Es ist nicht abzustreiten, dass hier eine direkte Verbindung besteht. | Wir können nicht abstreiten, dass hier eine direkte Verbindung besteht. |
Einige Väter freuen sich über einen regelmäßigen Austausch. | Wir Väter freuen uns über einen regelmäßigen Austausch. |
Die Versuchsanordnung führte zu einem Durchbruch bei diesem Forschungsvorhaben. | Mit dieser Versuchsanordnung ist uns ein Durchbruch gelungen. |
Formulierungen mit ‚man‘ sparsam verwenden
Auch Sätze mit ‚man‘ können verallgemeinernd wirken. Zudem ist eine Aussage, in der ‚man‘ verwendet wird, selten präzise.
Daher solltest du entsprechende Formulierungen nur selten nutzen, wenn eine Umformulierung zu einem umständlichen oder verschachtelten Satz führen würde.
Weitere Beispiele zur Vermeidung von ‚man‘
Korrekt | Falsch |
---|---|
In Abbildung 1 ist die steigende Wachstumsrate zu sehen. | In Abbildung 1 kann man die steigende Wachstumsrate sehen. |
Gemäß den Ansichten von Müller et al. ergibt sich eine andere Deutung. | Wenn man den Ansichten von Müller et al. folgt, ergibt sich eine andere Deutung. |
Es wird davon ausgegangen, dass dieses Projekt nicht realisierbar ist. | Man geht davon aus, dass man dieses Projekt nicht realisieren kann. |
Es wurde beschlossen, den Gesetzesentwurf nicht zu verabschieden. | Man kam zu dem Schluss, den Gesetzesentwurf nicht zu verabschieden. |
Die Lesenden nicht direkt ansprechen
Wenn du zum Beispiel auf einen anderen Abschnitt in deinem Text verweisen möchtest, solltest du die lesende Person hierbei nicht direkt ansprechen. Dies gilt als stilistisch veraltet.
Die bessere Alternative besteht in einer Formulierung ohne Personalpronomen.
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Häufig gestellte Fragen
- Darf die Ich-Form in wissenschaftlichen Arbeiten genutzt werden?
-
Es gibt kein Verbot, die Ich-Form in wissenschaftlichen Texten zu verwenden. Da sie jedoch oft als subjektiv gilt, wird empfohlen, die Ich-Form zu vermeiden.
- Wie kann die Ich-Form vermieden werden?
-
Um die Ich-Form zu vermeiden, kannst du auf Nominalisierungen, passive Sätze oder Konstruktionen mit ‚lassen‘ und ‚sich‘ zurückgreifen, z. B. ‚Hierzu lässt sich keine Aussage treffen.‘ anstatt ‚Hierzu kann ich keine Aussage treffen.‘
- Dürfen die Personalpronomen ‚wir‘ und ‚man‘ in wissenschaftlichen Arbeiten verwendet werden?
-
Die Personalpronomen ‚wir‘ und ‚man‘ sollten nach Möglichkeit vermieden werden. Meistens können Sätze leicht umformuliert werden, z. B. ‚Das menschliche Verhalten trägt zur Erderwärmung bei.‘ anstatt ‚Unser Verhalten trägt zur Erderwärmung bei.‘.
- Dürfen die Lesenden im Text angesprochen werden?
-
Lesende solltest du nicht direkt ansprechen, sondern stattdessen eine Passivkonstruktion verwenden, z. B. ‚Der Umfragebogen kann im Anhang eingesehen werden.‘ anstatt ‚Den Umfragebogen können Sie im Anhang einsehen.‘.
Sieh dir mehr Beispiele zur richtigen Verwendung von Personalpronomen an.
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